In Berlin Prenzlauer Berg ist was los. Und das war schon immer so, vor allem in soziokultureller Hinsicht. Eine Bürgerbeteiligung kauft ein ehemals besetztes Haus und betont damit ihre solidarische Haltung: Hausgemeinschaft und Nachbarschaftshilfe werden hier ganz großgeschrieben.
Florian Schöttle, Vorstand des Bewohnervereins BIP e.V., und Kristina Weiß, Geschäftsführerin des Wohnprojektes, sowie 43 Mieter*innen aus dem Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg haben dank eisernen Willens und großartiger Selbsthilfe ein ehemals besetztes Haus aus der Schusslinie des Immobilienmarkts genommen und schufen damit nicht nur bezahlbaren Wohnraum für 31 Erwachsene und 13 Kinder.
Das „Schwarzwohnerhaus” – auch in Ostberlin der Vorwendezeit gab es Hausbesetzer*innen – in der Kastanienallee 85 war bis 1989 besetzt. Der Bewohnerverein BIP e.V. pachtete das Gebäude, sanierte es im Rahmen einer Selbsthilfesanierung und entwickelte es zu einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt mit Vorbildfunktion. Nach Auslaufen des Pachtvertrages 2014 kaufte der Verein das Haus. Bis heute wurden damit die 15 Wohnungen nicht nur erschwinglich gemacht (die Miete hier liegt bei 5,40 Euro nettokalt/m2, im restlichen Prenzlauer Berg bei durchschnittlich 12,00 Euro nettokalt/m2), auch konnte eine kulturelle Nutzung der restlichen Räumlichkeiten sichergestellt werden. So haben Kulturkeller, Nachbarschaftscafé, Sportraum, Buchladen, die „Tafel” für Bedürftige, Musikproberaum & Co. einen sicheren Platz in einem Umfeld, das den kollektiven Wunsch eines selbstbestimmten Lebens repräsentiert.
Um die Wohn- und Gewerbeeinheiten der Kastanienallee 85 dem Verkauf und der Spekulation zu entziehen und einer Umwandlung in Wohn- und Einzeleigentum entgegen zu wirken, waren von der engagierten Gemeinschaft viele Verträge zu unterzeichnen, Unterlagen einzureichen und Förderer zu überzeugen. Und es musste eine Haus-GmbH gegründet werden. Die 800 Arbeitsstunden der tatendurstigen Bewohner*innen – viele wohnen nun seit mehr als 20 Jahren dort – sind dabei von besonderer Bedeutung.
Seitdem steht das Wohn- und Kulturprojekt Kastanienallee 85 für eine lebendige und vielseitig aktive Soziokultur im sehr begehrten Bezirk Prenzlauer Berg. Es steht auch für gemeinschaftliches Wohnen in basisdemokratischer Selbstverwaltung inmitten einer bunten Gesellschaft. Und es steht für den Erfolg der Projekte von Mietshäuser Syndikat, die das Vorhaben von Anfang an unterstützt haben, weil sie – wie BIP e.V. – die Idee vertreten, Gemeineigentum an Haus und Grund sowie bezahlbaren Wohnraum zu etablieren und einen Raum für Gruppen und politische Initiativen zu schaffen.
„Wir, die Bewohnerschaft, sind stolz darauf, dass wir seit über 20 Jahren im anonymen Berlin eine Hausgemeinschaft mit familiären Strukturen und eine stabile, harmonische und im Konsens entscheidungsfähige Gruppe bilden. Habt großen Dank Mietshäuser Syndikat und DKB!“
Bewohner*innen der Kastanienallee 85, Berlin-Prenzlauer Berg